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Jugendschutzfilter JusProg: Nützlich, aber nicht perfekt

Ein Artikel von , veröffentlicht am 29.12.2019
Bild: Pixabay CC0 / Geralt

Ihr Kind ist alt genug für ein eigenes Mobilgerät? Dann stehen Sie vermutlich wie tausende andere Eltern vor der Frage, wie Sie es vor Pornografie, Gewalt, Hass im Internet schützen können. Ein Teil der Lösung kann ein Inhaltefilter sein. Ein brauchbares, aber wenig bekanntes Produkt ist JusProg.

Was ist JusProg?

JusProg ist eine Filtersoftware. Sie soll kinder- und jugendgefährdende Inhalte blockieren, wenn Kinder im Internet surfen. Das Angebot richtet sich an Eltern, Lehrer*innen und Bildungseinrichtungen. Seit September 2019 gibt es JusProg für Smartphones und Tablets mit den Betriebssystemen Android und iOS sowie für PCs mit Windows und MacOS. Die Software ist kostenlos und werbefrei.

Hinter der Software steht der gemeinnützige Verein JusProg e.V., der das Programm seit 2004 zum Download anbietet. Der Verein mit Sitz in Hamburg finanziert seine Arbeit über seine Mitglieder.

Zu denen zählen Medienunternehmen wie ProSiebenSat.1 und RTL, Computerspielehersteller, Erotik-Unternehmen, Anbieter von Online-Bezahlsystemen, Web-Portale und Mobilfunkanbieter, darunter die Deutsche Telekom und Vodafone. Nach eigenen Angaben erhält der Verein keine Fördergelder oder Unterstützung von staatlicher Seite.

Wie filtert JusProg?

JusProg prüft bei jedem Aufruf einer neuen Webseite, ob diese für ein Kind geeignet ist. Hierbei können Nutzer*innen verschiedene Schutzniveaus einstellen, die sich nach dem angegebenen Alter des Kindes richten.

Wie die Software auf Android-Geräten funktioniert, erklären wir im Beitrag JusProg einrichten - so geht's (Android).

Die Filtersoftware arbeitet mit Positiv- und Negativlisten:

  • Negativ-Liste der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien.
  • Positiv-Liste der Kinder-Suchmaschine fragFINN: Aktuell rund 5.000 Online-Angebote, mit Unterseiten und ergänzenden URLs etwa 13.000 geprüfte kindgerechte, unbedenkliche Internetseiten.
  • JusProg-Filterliste: Durch JusProg erstellte Filterliste mit Alterseinstufungen für ganze Webseiten. Wem entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte im Netz auffallen, kann die Webseite an JusProg e.V. melden, diese wird dann geprüft und gegebenenfalls in die Filterliste mit aufgenommen.
  • Selbstklassifizierungen der Webseiten-Betreiber nach dem age-de.xml-Standard: Die Altersklasse wird vom Webseiten-Betreiber selbst vergeben.
  • Individuell angelegte Positiv- und Negativlisten der Eltern: Eltern können hier individuell anlegen, welche Websites für ihre Kinder angezeigt und welche blockiert werden – unabhängig von Alterskennzeichen der Anbieter, der JusProg-Filterliste und der fragFINN-Liste. Lediglich die BPjM-Liste lässt sich von Eltern nicht freischalten.

Echtzeit-Prüfung und soziale Netzwerke

Sie können in den Einstellungen eine „On-the-fly“-Filterung (OTF) aktivieren. Durch diese werden Webseiten, die auf keiner der genannten Listen stehen, vor der Anzeige im Browser einer Schnellprüfung unterzogen. Erkennt die Schnellprüfung keine Probleme, wird die Webseite angezeigt.

Kann die Schnellprüfung die Seite nicht interpretieren, blockiert JusProg sie bis zum Alter von 12 Jahren standardmäßig. Diese Funktion kann jedoch individuell abgeschaltet werden.

Da Plattformen wie YouTube, Google, Bing, Facebook, Twitter und Instagram besondere Schwierigkeiten bei einer Filterung mit sich bringen, können Sie den Zugriff hierauf gesondert ablehnen. Alternativ können Sie YouTube, Google und Bing auch in den SafeModus schalten. Dabei werden die eigenen Jugendschutzfilter der Anbieter aktiviert.

Gesetzlich anerkannt - was heißt das?

JusProg wirbt damit, dass es von der FSM gesetzlich anerkannt ist. Was steckt dahinter? So gut wie jede*r kennt bei Filmen die Angaben zur Altersbeschränkung der FSK (Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft). Die weniger bekannte Schwester der FSK ist die FSM - die staatlich anerkannte Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle im Bereich Telemedien.

Aufgabe der FSM ist es, den Zugang zu jugendgefährdenden und entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten in Online-Medien zu regulieren und illegale Inhalte zu bekämpfen. Denn die gesetzlichen Altersbeschränkungen für Pornografie oder Gewaltdarstellungen gelten auch für Inhalte im Internet.

Onlineanbieter können dies zum Beispiel über festgelegte Onlinezeiten (22.00 – 06.00 Uhr) oder technische Zugangsbarrieren umsetzen – doch beides ist unpraktisch und teuer.

Eine weitere Möglichkeit für Onlineanbieter, sich rechtskonform zu verhalten, besteht darin, im Quelltext eine maschinenlesbare Alterskennzeichnung (age-de. und age.xml-Label) einzubauen. Bedingung ist, dass es auch eine anerkannte Filtersoftware gibt, die diese Kennzeichnungen ausliest und gesetzeskonform umsetzt.

Hier kommt JusProg ins Spiel. Sie ist die derzeit einzige Software, die von der FSM für diesen Zweck anerkannt wurde – allerdings nicht für iOS.

Umstritten: Feigenblatt oder wirkungsvoller Schutz?

JusProg ist aus verschiedenen Gründen umstritten. Zum einen gründet das Programm primär auf wirtschaftlichen Interessen: Deutsche Anbieter von jugendgefährdenden und entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten wollten damit eine kostengünstige Möglichkeit schaffen, Ihre Inhalte konform zum deutschen Jugendschutzgesetz anzubieten.

Ein Problem dabei: Anbieter aus anderen Ländern interessieren sich dafür nicht und machen entsprechend auch keine Altersangaben in ihrem Quellcode. Dieser Ansatz schützt Kinder und Jugendliche in der Realität also kaum vor gefährlichen Inhalten, wohl aber deutsche Anbieter vor rechtlichem Ärger.

In Kombination mit den anderen Filtern des Programmes ist die Leistung von JusProg aber zumindest im Bereich Pornografie nicht schlecht: In einem Test (AV-Test, 2017) erkannte die Software 85,4 Prozent aller Seiten. Bei anderen problematischen Kategorien wie Glücksspiel, Drogen oder Shopping schlägt JusProg allerdings kaum an. Es ist daher keinesfalls ein Ersatz dafür, Kinder beim Surfen im Netz zu begleiten.

Datenschutz bei JusProg

Die Software ist relativ datenschutzfreundlich: Tracker oder Analysedienste von Drittfirmen sind in der App (Android, Version ) nicht enthalten. Werbung ist keine enthalten.

Dennoch: Alle aufgerufenen Internetadressen werden laut Datenschutzerklärung auf die Server von JusProg übertragen und dort mit den Filterlisten abgeglichen. Diesen Schritt könnte man eigentlich auch gut lokal durchführen.

Fazit: Die beste aller schlechten Lösungen

Inhaltefilter sind immer problematisch: Sie sind niemals zuverlässig und die Entscheidung, was jugendfrei ist und was nicht, ist oft Ansichtssache.

Im Vergleich zu anderen Inhaltefiltern ist dieses Produkt jedoch das transparenteste, was die Auswahl der Filterlisten betrifft. Sein Funktionsumfang ist schlank und verführt Eltern nicht dazu, ihr Kind übermäßig zu überwachen. Über die eigenen Listen kann man den Filter nach seinen eigenen Vorstellungen anpassen. Ebenfalls nicht selbstverständlich: Das Programm ist frei von Werbung und Tracking.

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