Ratgeber

Snapchat: Gelöscht ist nicht gleich gelöscht

Ein Artikel von , veröffentlicht am 02.02.2017, bearbeitet am09.12.2024

Snapchat ist gerade bei Jugendlichen sehr beliebt. Die Messenger-App verspricht, dass alle Nachrichten nach kurzer Zeit gelöscht werden. Hält Snapchat das Versprechen? Und welchen Bedingungen stimmt man bei der Nutzung automatisch zu?

Das ist Snapchat

Snapchat ist ein Messenger, mit der man sich Nachrichten in Form von Bildern und kurzen Video-Clips zuschicken kann. Es hat auch eine Textchat-Funktion. Das Besondere an Snapchat ist, dass die Nachrichten nach kurzer Zeit vom Gerät des Empfängers verschwinden.

Nach eigenen Angaben hat die App mehr als 443 Millionen aktive Nutzer*innen täglich (Stand Dezember 2024). Sie ist vor allem unter Jugendlichen sehr beliebt, die Nutzungsbedingungen sehen ein Mindestalter von 13 Jahren vor.

2016 änderte das 2011 gegründete Unternehmen aus Kalifornien seinen Namen von Snapchat Inc. zu Snap Inc. Seit Januar 2019 sind Fotos und Videos bei Snapchat Ende-zu-Ende-verschlüsselt, allerdings nicht die Textnachrichten. Die Firma sagte zwar 2019 auf einer Cybersecurity-Konferenz, dass sie daran arbeite, auch den Chat zu verschlüsseln. Allerdings scheint das Feature immer noch nicht implementiert zu sein.

Der Dienst verdient Geld durch spezielle Werbeformate: Firmen können gegen Bezahlung sogenannte „Discover-Channels“ einrichten, Werbung in Form von „Stories“ verbreiten oder eigene Foto-Filter anbieten.

Verschwinden Nachrichten restlos?

Snapchat löscht private Nachrichten, sobald beide Chattenden sie angesehen und den Chat verlassen haben. In Einzelkonversationen ist es auch möglich, sie so einzustellen, dass Nachrichten erst nach 24 Stunden verschwinden. Wenn die Snaps nicht angesehen werden, werden sie nach 31 Tagen vom Snapchat-Server gelöscht. Nachrichten an Gruppenchats werden nach 7 Tagen gelöscht, auch wenn noch nicht alle Gruppenmitglieder sie angesehen haben.

Wann genau es welche Inhalte löscht, erklärt Snapchat auf seinen Supportseiten: Wann löscht Snapchat Snaps und Chats?

Daneben gibt es – ähnliche wie bei Instagram – Storys, die 24 Stunden lang im eigenen Kanal sichtbar sind und die man innerhalb dieser Zeit beliebig oft anschauen kann. Sie bestehen aus Videos, Bildern und Animationen, die untertitelt und bearbeitet werden können. Man kann festlegen, wer die Storys sehen kann: Von der ganzen Welt bis zu bestimmten Kontakten ist alles möglich.

Die Bilder werden nicht nur auf dem Gerät, sondern auf den Servern von Snapchat in den USA gespeichert. Dort bleiben sie so lange, bis sie von den Nutzer*innen abgerufen werden oder die Anzeigedauer abgelaufen ist.

Wenn die Nachrichten „verschwinden“, werden sie allerdings nicht gleich vom Gerät gelöscht. Je nach Betriebssystem wird zunächst nur der Dateiname so verändert, dass der Foto-Manager einen Snap nicht mehr als Foto erkennt. Mit etwas technischem Hintergrundwissen und zusätzlichen Apps lassen sich die Snaps aber wiederherstellen.

Man kann Nachrichten in Chats unter bestimmten Umständen auch speichern. Darüber erhält der andere Nutzer aber eine Meldung. Auch Screenshots sind möglich, aber auch hier bekommt der Konversationspartner eine Benachrichtigung.

Trotz der Flüchtigkeit gilt also auch bei Snapchat: Bevor man etwas versendet, sollte man sich ganz sicher sein, dass man damit leben kann, wenn dieses Bild – aus welchen Gründen auch immer – doch länger im Umlauf bleibt.

Filter und Gesichtserkennung

Beliebt ist Snapchat vor allem wegen der Spaßfilter, mit denen Nutzer*innen Bilder bearbeiten können. Diese Filter heißen bei Snapchat „Linsen“. Mit ihnen kann man Portraits animieren und zum Beispiel eine Hundezunge hinzufügen. Dafür scannt Snapchat das Gesicht und legt dann eine Schablone darüber.

Die Snapchat-Hilfeseiten erklären, dass die Funktionen, die es verwendet, um Linsen korrekt auf dem Gesicht zu platzieren, „in manchen Ländern oder Staaten […] als biometrische Daten betrachtet werden.“

Aus einem Patent, das Snapchat 2016 laut dem Magazin Business Insider (Aktualisierung 10.2023: Beitrag auf Business Insider nicht mehr verfügbar) angemeldet hat, geht hervor, dass die Firma schon an Technologien zur Gesichtserkennung arbeitete. Ob und wann diese zum Einsatz kommt, ist unklar.

Snap Map: Freunde orten

Im Juni 2017 führte Snapchat die Funktion Snap Map ein. Dort kann man auf einer Karte Snaps aus der Umgebung ansehen und schauen, wo sich die eigenen Freunde befinden und was sie machen. Dabei kann man festlegen, wer den eigenen Aufenthaltsort auf der „Snap Map“-Karte sieht. So kann man nur ausgewählten Freunden, allen, oder niemandem („Ghost Mode“) den eigenen Standort freigeben.

Der Aufenthaltsort wird jedoch nicht nur dann übertragen, wenn man einen Snap postet – sondern jedes Mal, wenn man die App öffnet. Freigeschaltete Kontakte können also immer sehen, wo man sich befindet, wenn die App gerade läuft.

Hat man die App acht Stunden nicht geöffnet, verschwindet man laut Firmenangaben von der Karte.

My AI

Seit Frühjahr 2024 taucht in den Chats der Nutzer My AI auf. Das ist ein Chatbot, der laut Snapchat mithilfe der „großen Sprachmodelle wie den GPT-Modellen von OpenAI und den Gemini-Modellen von Google“ funktioniert. Man kann My AI zum Beispiel fragen, wissenschaftliche Themen auf einfache Weise zu erklären, einem ein paar Algebra-Grundlagen beizubringen, oder Ratschläge zum perfekten Geschenken für „den Geburtstag des superbesten Freundes“ anzubieten. Das sind alles Vorschläge, die Snapchat explizit auf seinen Introseiten macht.

Snapchat löscht das Gespräch mit My AI nicht automatisch, sondern man muss die Daten eigenständig entfernen. Ebenfalls weiß My AI immer, wo man sich befindet, auch wenn man eigentlich im Geist-Modus unterwegs ist. Das kann man nur verhindern, indem man in den Einstellungen des Smartphones der App vollständig verbietet, den Standort zu verwenden. Dann kann man ihn allerdings bei Snapchat überhaupt nicht mehr teilen.

Kritik gibt es auch, dass man My AI nicht aus der Chatliste entfernen kann – das geht nur, wenn man Snapchat+, also die Bezahlversion von Snapchat, verwendet.

Wie bei allen Chatbot-Modellen, sind die mitgeteilten Infos nicht immer zuverlässig. So sagt Snapchat auf den Hilfeseiten: „Dennoch ist es möglich, dass die Antworten von My AI voreingenommene, falsche, schädliche oder irreführende Inhalte enthalten. Da My AI eine sich weiterentwickelnde Funktion ist, solltest du die Antworten von My AI immer unabhängig überprüfen, bevor du dich auf einen Rat verlässt.“

Journalisten haben in Tests My AI dazu bekommen, ihnen Tipps zu geben, wie sie den Konsum von Rauschmitteln verheimlichen können, obwohl sie sich als Minderjährige ausgegeben haben. Gerade was den Jugendschutz angeht, scheint My AI also problematisch zu sein.

Snapchat für Eltern: Family Center

Über das sogenannte Family Center können Eltern die Unterhaltungen ihrer Kinder im Teenageralter beaufsichtigen. Dabei können sie nicht auf die Inhalte der Kinder zugreifen, aber sehen, mit wem diese sprechen.

Folgende Überwachungsmöglichkeiten gibt es:

  • Eltern können sehen mit welchen Freunden oder Gruppen die Teenager in den letzten sieben Tagen gechattet haben. Eer eigentliche Inhalt der Unterhaltungen wird (Snaps und Nachrichten) nicht angezeigt.
  • sie sehen eine vollständige Liste der Gruppenmitglieder in Gruppenchats, an denen ihr Kind Teenager teilgenommen hat und die in den letzten sieben Tagen aktiv waren;
  • sie können eine vollständige Liste der bestehenden Freunde ihrer Teenager sehen;
  • sie können bestimmte Inhalte in den Registerkarten „Storys“ und „Spotlight“ beschränken;
  • sie können My AI deaktivieren;
  • sie können kontrollieren, dass der Geburtstag ihres Kindes richtig ist.

US-Verbraucherschutz prüft Snapchat

2014 warf die amerikanischen Verbaucherschutzbehörde Federal Trade Commission Snapchat vor, Nutzer*innen zu täuschen und ihr Datenschutzversprechen zu brechen, indem sie anders mit Informationen und Snaps umging als erklärt.

Der Dienst habe sich ohne das Wissen oder das Einverständnis der iOS-App-Nutzer*innen mithilfe der Funktion „Freunde finden“ Zugang zu Adressbuch- und Standortdaten verschafft. Auch habe Snapchat diese Funktion nicht richtig abgesichert, sodass Angreifer Zugang zu Telefonnummern und Namen von 4,6 Millionen Nutzer*innen gehabt hätten.

Die Behörde stellte bei der Prüfung des Dienstes auch grobe Fehler in Sachen Datensicherheit fest: Aus der App gelöschte Bilder und Videos blieben etwa im Dateisystem des Empfängergeräts gespeichert, wo man sie problemlos auslesen und kopieren kann.

Insgesamt wurde eine ganze Liste an Vorwürfen bestätigt. Zusätzlich zu den Auflagen, ihre Praxis zu ändern und mehr Transparenz zu schaffen, wurde 2014 ein unabhängiger Sachverständiger eingesetzt. Er soll die App für die folgenden 20 Jahre kontrollieren – das heißt bis 2034.

Das sagt die Datenschutzerklärung

Snapchat erklärt verständlich und auf Deutsch, welche Daten das Unternehmen wofür sammelt und wie es sie weitergibt. Das Unternehmen speichert einerseits alle Daten, die man selbst angibt und über den Dienst versendet („Daten, die du uns freiwillig gibst“). Dazu gehören auch Telefonnummer, E-Mail-Adresse und das Geburtsdatum; diese Informationen fragt Snapchat bei der Anmeldung ab.

Wer Inhalte in Live-Storys, lokalen Storys oder anderen Crowdsourcing-Inhalten sendet, gewährt Snap Inc. und deren Geschäftspartner*innen das Recht, diese Inhalte uneingeschränkt zu nutzen und zu verkaufen. Dabei dürfen sie auch den Namen der Nutzer*innen veröffentlichen. Natürlich speichert Snapchat auch Verbindungs- und Metadaten – also wer wann was an wen sendet, welche Snaps man ansieht und so weiter.

Zudem erhebt die App bestimmte Informationen über das Gerät, zum Beispiel, die Art des Geräts und des Betriebssystems. Die Daten benutzt Snapchat, um die Services zu verbessern, zur Analyse der Nutzung, aber auch für personalisierte Werbung. Snapchat lässt sich das Recht einräumen, die Daten an Dritte weiterzugeben, etwa an Partnerunternehmen, Diensteanbieter und Händler, an Strafverfolgungsbehörden und Ähnliches.

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Die Autorin

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Vali Djordjevic

Vali Djordjevic ist Autorin, Redakteurin und Dozentin. Sie ist Mitbegründerin und Redakteurin von iRights.info, einem Informationsportal zu Recht in der digitalen Welt. Seit sie 1995 selbst eine Modemkarte in ihren PC eingebaut hat, ist sie in verschiedenen Netzprojekten tätig. Bei Mobilsicher interessiert sie sich für iOS, Datenschutz und Trackingdienste.

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