Ratgeber

Streaming-Apps: Musik gegen Daten

Ein Artikel von , veröffentlicht am 14.11.2018

Musik-Streaming-Dienste wie Spotify haben die Musikkultur revolutioniert. Mobil können Nutzer jederzeit und an jedem Ort auf (fast) alle Musik der Welt zugreifen. Dabei bilden die Anbieter allerdings Nutzungsprofile – und auch die Künstler werden nicht immer angemessen an den Erlösen beteiligt.

Was ist Musik-Streaming?

Beim Musik-Streaming befindet sich der Song, den man hören will, nicht als Datei auf dem Datenträger des eigenen Gerätes, sondern wird von einem Dienst direkt über das Internet gesendet und abgespielt.

Der Vorteil: Zugriff auf Millionen von Songs, überall, ohne ständig eine große Festplatte herum zu schleppen und ohne alle Songs vorher kaufen zu müssen. Allerdings besitzt man beim Streaming die abgerufenen Songs nicht, sondern leiht sie sich quasi nur aus, um sie anzuhören.

Trotzdem ist Streaming sehr beliebt: Eine Studie von Juni 2018 (nicht mehr online verfügbar) im Auftrag des Bitkom e.V. ergab, dass 69 Prozent aller Deutschen zumindest hin und wieder Musik per Streaming-Dienst anhören.

Kritik: Künstler leiden unter Marktmacht

Nicht alle sehen Musik-Streaming-Dienste als positive Entwicklung. So klagen viele Künstler und Musiklabels über die extrem niedrigen Beträge, die Spotify und andere Dienste pro abgespieltem Song ausschütte. Ob an der Misere primär die Streaming-Dienste schuld sind, oder aber die Plattenlabel, bei denen die Künstler unter Vertrag stehen, ist allerdings umstritten.

Besonders das kostenlose Angebot von Spotify ist vielen Künstlern ein Dorn im Auge. 2014 riefen einige erfolgreiche Musiker, darunter auch Taylor Swift, zum Boykott der Plattform Spotify auf, um dem etwas entgegen zu setzen. Inzwischen sind alle Mitglieder der Initiative wieder zu Spotify zurückgekehrt. Die Bezahlung hat sich bei Spotify laut Branchenberichten aber nicht geändert.

Streamingdienste sammeln Daten

Wer seine eigenen MP3-Dateien aufs Handy lädt und abspielt, kann das tun, so oft er will, ohne dass irgendjemand davon erfährt. Streamt man hingegen einen Song, erfährt der Streaming-Anbieter davon. Anders könnte der Dienst nicht funktionieren.

Musik-Streaming-Dienste eignen sich durch ihre Funktionsweise hervorragend dazu, genaue Profile über Musikgeschmack und Hörvorlieben von Nutzern zu erstellen. Welcher Nutzer hört was zu welchem Zeitpunkt? Fährt er gerade in der Bahn, sitzt Zuhause oder ist beim Joggen? Alle großen Streaming-Anbieter bilden solche Profile, nicht nur, um das Angebot zu verbessern, sondern auch um interessensbezogene Werbung zu schalten.

Werbung ist bei allen genannten Diensten ein wichtiges Standbein. Viele Dienste – so zum Beispiel Spotify und Deezer – haben zwei Tarife: Einen werbefinanzierten, der für Nutzer kostenlos ist, und einen Premium-Tarif, der in der Regel um die 10 Euro im Monat kostet und keine Werbung und bessere Streaming-Qualität bietet.

Nutzerprofile erstellen alle Anbieter. Sie dienen auf der einen Seite dazu, den Nutzern Musik zu empfehlen, die ihrem eigenen Geschmack entspricht. Auf der anderen Seite werden solche Profile dazu genutzt, passende Werbung zu schalten. Auch Google und Amazon, die keine Werbung direkt im Musikdienst schalten, nutzen die gesammelten Informationen selbstverständlich für ihre riesigen Werbenetzwerke.

Alles nur geliehen

Wer Stunden oder vielleicht Tage in die Pflege seiner Playlisten und in die Verwaltung seines Nutzerprofils steckt, sollte eines nicht vergessen: Jeder Streaming-Dienst kann jeden Titel jederzeit aus seinem Angebot entfernen, das eigene Konto sperren oder den Dienst ganz einstellen.

Die eigene Lieblingsmusik ist dann eventuell nicht mehr verfügbar. Auch wer Abogebühren zahlt, erkauft sich damit nur die Nutzungserlaubnis, erwirbt aber keinen einzigen Song.

Will man zu einem anderen Dienst wechseln, kann man zwar die eigenen Playlisten exportieren. Aber aktuell erlaubt es keiner der großen Dienste, eigene Playlisten wieder zu importieren. Verlustfrei von einem Dienst zum anderen wechseln, funktioniert also nicht.

Welche Dienste gibt es?

Inzwischen gibt es etliche Musik-Streaming-Dienste. Sie unterscheiden sich vor allem dabei, ob sie eine kostenlose Nutzung mit Werbung erlauben oder nicht. Die monatlichen Gebühren haben sich bei allen bei 10 Euro eingependelt. Es gibt aber viele Anbieter, die für Familien, Studierende oder andere Gruppen ermäßigte Tarife anbieten.

Unterschiede gibt es außerdem bei der Zahl und Auswahl der verfügbaren Songs. Vor allem Soundcloud und YouTube punkten dabei mit den Inhalten ihrer Nutzer. Apple Music setzt auf kuratierte Playlisten und exklusive Internetradios, Spotify hat in letzter Zeit in Podcasts investiert und Google Play Music bietet die Möglichkeit, die eigenen Musikbibliothek hochzuladen. Alle Anbieter erlauben im Bezahlmodus, Songs offline zu hören, um das Datenvolumen zu schonen.

Die bekanntesten Anbieter sind:

Spotify, in Deutschland seit 2012 verfügbar, Marktführer

  • Nutzer: rund 83 Millionen zahlende Abonnenten weltweit (Quelle: midiaresearch.com)
  • Titel: rund 35 Millionen
  • Preis: Kostenlos mit Werbung oder 9,99 / Monat. Studierenden- und Familientarife vorhanden

Amazon Music Unlimited, in Deutschland seit 2016 verfügbar

  • Nutzer: knapp 30 Millionen zahlende Abonnenten weltweit (Quelle: midiaresearch.com)
  • Titel: rund 50 Millionen
  • Preis: 9,99 / Monat, Sondertarife für Studierende, Familien, Amazon-Prime- und Alexa-Kunden

Soundcloud Go+, in Deutschland seit 2016 verfügbar

  • Nutzer: keine Angaben
  • Titel: rund 190 Millionen, aber nur wenige große Labels
  • Preis: 9,99 / Monat, Soundcloud Go mit 190 Mio. Titel für 5,99 / Monat, Soundcloud mit Werbung und ohne Premium-Titel kostenlos

Apple Music, in Deutschland seit 2015 verfügbar

  • Nutzer: knapp 43,5 Millionen zahlende Abonnenten weltweit (Quelle: midiaresearch.com)
  • Titel: rund 45 Millionen
  • Preis: 9,99 / Monat, Studierenden- und Familientarife vorhanden

Google Play Music, in Deutschland seit 2012 verfügbar

  • Nutzer: rund 7 Millionen zahlende Abonnenten weltweit (Quelle: midiaresearch.com)
  • Titel: rund 40 Millionen
  • Preis: 9,99 / Monat, als mobile Musikbibliothek (mit eigener Musik) kostenlos nutzbar

YouTube Music, in Deutschland seit 2018 verfügbar

  • Nutzer: keine Angaben
  • Titel: Neben den Titeln aus Google Play Music auch Inhalte aus YouTube
  • Preis: kostenlos mit Werbung oder 9,99 / Monat

Deezer, in Deutschland seit 2011 verfügbar, Nachfolger von Simfy

  • Nutzer: 7,2 Millionen zahlende Abonnenten weltweit (Quelle: midiaresearch.com)
  • Titel: 53 Millionen
  • Preis: kostenlos mit Werbung oder 9,99 / Monat

Juke (von Mediamarkt und Saturn), seit 2018 nur noch Streamingdienst

  • Nutzer: Keine Angaben
  • Titel: 46 Millionen
  • Preis: 9,99 / Monat

Versteckte Kosten: Datenvolumen

Für eine Stunde Musik-Streaming bei normaler Qualität (Spotify) fallen etwa 40 MB Datenvolumen an. Streamt man nicht im WLAN sondern über sein mobiles Datenvolumen, muss man die Kosten dafür zusätzlich zur monatlichen Abo-Gebühr einkalkulieren. Die Offline-Nutzung – dass man sich also seine Playlists vorher im WLAN herunterlädt, um sie unterwegs anzuhören – wird in der Regel nur bei den Premiumversionen der Dienste angeboten.

Manche Mobilfunkbetreiber bieten auch Streaming-Flatrates für bestimmte Tarife an, so etwa die Telekom mit der StreamOn-Option. Dabei kann man viele Streaming-Dienste nutzen, ohne dass dies beim normalen Inklusiv-Datenvolumen angerechnet wird. Vodafone bietet mit dem Vodafone Pass einen ähnlichen Service.

Netzaktivisten kritisieren dies jedoch als Verstoß gegen die Netzneutralität.

Die Autorin

E-Mail

m.ruhenstroth@mobilsicher.de

PGP-Key

0x2F021121044527DC

PGP Public Key

Download als .asc

Fingerprint

BC80 45E0 3110 EA00 A880 0827 2F02 1121 0445 27DC

Miriam Ruhenstroth

Begleitet mobilsicher.de seit der Gründung – zuerst als freie Autorin, dann als Redakteurin. Seit Januar 2017 leitet sie das Projekt, das 2020 um den AppChecker erweitert wurde. Davor arbeitete sie viele Jahre als freie Technik- und Wissenschaftsjournalistin.

Weitere Artikel

Ratgeber 

Anleitung: Synchronisierung mit Google-Konto stoppen (bis Android 6)

In der Standard-Einstellung synchronisiert Android Kalender, Kontakte und mehr mit dem verknüpften Google-Konto. Wer seine Kontakte nicht mit Google teilen möchte, muss die Übertragung ausschalten. Wir zeigen Schritt für Schritt, wie es geht.

Mehr
Ratgeber 

Marcel Bokhorst von FairEmail: „Ein geschlossener Quellcode und Datenschutz passen nicht zusammen“

Marcel Bokhorst entwickelt die quelloffene Android-App FairEmail. Neben Transparenz und Datenschutz ist ihm eine intuitive Bedienung wichtig. Dazu arbeitet er das Feedback der Nutzerinnen und Nutzer in die App ein, sagt er im mobilsicher-Interview.

Mehr
YouTube-Video 

Apps gecheckt: Mental-Health-Apps (Android)

Apps, die wissen, wann es Ihnen schlecht geht, sollten nichts ausplaudern. Deswegen haben wir Mood-Tracker, Krisentagebücher und die App der Telefonseelsorge auf den Prüfstand gestellt. Welche Apps wir empfehlen können, erfahren Sie im Video.

Ansehen
Ratgeber 

Bildschirmzeit: iPhone-Kindersicherung kurz vorgestellt

"Bildschirmzeit" heißt Apples Lösung zur Beschränkung von iPhones und iPads. Sie kann auch als Kindersicherung dienen, ohne dass dabei Daten im Internet landen. Allerdings ist die Funktion nicht ganz wasserdicht - kluge Kinder können sie umgehen.

Mehr