Das ist das Fairphone
In einem modernen Smartphone sind bis zu 60 verschiedene Elemente verbaut (Quelle: Greenpeace, PDF). Viele davon werden unter gefährlichen Bedingungen für Mensch und Umwelt gewonnen. Ein Gegenentwurf ist das "Fairphone", das von der Fairphone BV mit Sitz in den Niederlanden produziert wird.
Die Fairphone BV beschreibt sich selbst als soziales Unternehmen mit dem Ziel, möglichst fair produzierte und nachhaltige Smartphones herzustellen. Die Arbeits- und Produktionsbedingungen von Smartphones sollen verbessert, beim Einkauf der Rohstoffe auf Umwelt und Menschenrechte geachtet werden. Zudem sollen die Smartphones möglichst lange in Gebrauch sein.
Das Unternehmen wurde 2013 von dem Designer und Elektroingenieur Bas van Abel gegründet. Seitdem hat die Fairphone BV sechs Smartphone-Modelle auf den Markt gebracht.
Smartphones als Wegwerf-Geräte
Bei vielen Rohstoffen, die für die Produktion von Smartphones gebraucht werden, handelt es sich um sogenannte Konfliktmaterialien – Mineralien, durch deren Verkauf bewaffnete Konflikte finanziert werden. Zu den Metallen gehören vor allem Gold, Tantal und Wolfram aus der Demokratischen Republik Kongo und deren Nachbarländern.
Die Löhne in der Smartphone-Fertigung sind oft niedrig, die Arbeitsbedingungen menschenunwürdig. Das wurde im Zuge der Selbstmorde bei der taiwanesischen Firma Foxconn im Jahr 2010 weltweit publik. Foxconn ist einer der größten Fertigungsbetriebe für elektronische Produkte und produziert unter anderem für Apple, Google und Microsoft.
Der Hunger nach neuen Rohstoffen steigt auch durch die kurze Nutzungsdauer von Smartphones. Viele Geräte bekommen nicht einmal zwei Jahre lang Software-Updates. Sie erhalten also bald keine neuen Funktionen und Sicherheitspatches mehr, obwohl die Hardware noch völlig in Ordnung ist.
Dabei locken die Hersteller jährlich mit neuen Modellen. Aufgrund der immer kompakteren Bauweise sind die meisten Geräte kaum reparierbar. Durchschnittlich bleiben Smartphones daher nur rund zwei Jahre lang beim Erstnutzer.
Verwüstete Landstriche
- In der Bayan-Obo-Mine bei Baotou in der autonomen Region Innere Mongolei in China werden beispielsweise Erze abgebaut, die für die Smartphoneproduktion gebraucht werden. Chemikalien und Abfälle aus die Aufbereitung der Erze werden in Baotou einfach in die Umwelt abgelassen.
- Dadurch ist ein zehn Quadratkilometer großer See aus schwarzer Schlacke entstanden. Der Damm um diese Absetzanlage ist 30 Meter hoch. Weitere Folgen sind kontaminiertes Gewässer und eine erhöhte Radioaktivität.
- Quelle: Umweltbundesamt (PDF)
Der lange Weg zum fairen Smartphone
Die Fairphone BV verbaut in ihren Geräten möglichst fair gehandelte Rohstoffe, nutzt, wo möglich, recycelte Materialien und setzt sich für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen bei den Unternehmen vor Ort ein. Fairphones sind zudem auf Langlebigkeit ausgelegt.
Dennoch ist auch das aktuelle Modell (Fairphone 5, auf dem Markt seit August 2023) nicht zu 100 Prozent fair produziert: Für alle benötigten Rohstoffe faire und umweltverträgliche Quellen zu finden, ist momentan schlicht unmöglich. Bei etlichen Materialien gibt es bislang noch keine akzeptablen Quellen oder die Lieferketten sind nicht vollständig bekannt. Daher hat sich der Hersteller sogenannte "Fokus-Materialien" vorgenommen, und versucht, dafür akzeptable Lieferketten zu etablieren. Von ursprünglich 10 hat er die Liste dieser Materialien 2024 auf nunmehr 17 erweitert.
Beim aktuellen Fairphone 5 gibt der Hersteller an, dass 70 Prozent dieser Fokusmaterialien aus fairen Quellen oder Recycling stammen.
Fairphone: Recycling und Müllvermeidung
Damit immer mehr recycelte Materialien in den Produktionszyklus einfließen können, unterhält die Fairphone BV ein eigenes Recyclingprogramm – Kund*innen können ihre alten Fairphone und Telefone anderer Hersteller zur Wiederverwertung einsenden und erhalten eine Gutschrift beim Kauf eines neuen Fairphones.
Das Fairphone wird außerdem ohne USB-Ladekabel, Ladegerät und Kopfhörer ausgeliefert – weil die meisten Nutzer*innen davon schon etliche besitzen. Dafür kommt es mit einem eigenen Reparatur-Set.
Das Alleinstellungsmerkmal des Fairphones ist der modulare Aufbau, wodurch das Smartphone reparabel und somit länger im Einsatz bleiben soll. Das im September 2023 vorgestellte Fairphone 5 hat insgesamt zehn Module, die sich nach einem Defekt oder durch eine bessere Version leicht austauschen lassen. Dazu gehören: Lautsprecher, Top-Einheit mit Blitz und SIM-Slot, USB-C-Anschluss, drei Kameramodule, Displaymodul, Hörmuschel, Gehäuserückseite und Akku.
Updates: Wie lange hält die Software?
In Sachen Langlebigkeit wurde die Fairphone BV bei ihren ersten Modellen von der rasanten Entwicklung in der Tech-Industrie überholt: Im Juli 2017 beendete das Unternehmen die Unterstützung für das Fairphone First Edition (2013) – gerade mal vier Jahre nach dem Erscheinen. Es gab kein Software-Upgrade und keine Ersatzteile mehr.
Das Unternehmen begründete den Schritt mit der Tatsache, dass die Zulieferer die meisten Originalersatzteile für das Fairphone 1 aus dem Verkehr gezogen haben. Das anfängliche Ideal, ein einziges Smartphone zu entwickeln, das eine Langzeitunterstützung erhält, konnte die Firma nicht verwirklichen. Auch bei den Folgemodellen erwies es sich der erhoffte lange Software-Support als schwierig. Aktuell (Stand September 2024) erhalten nur Fairphone 3+ und 4 noch Sicherheitsupdates.
Beim aktuellesten Modell, dem Fairphone 5, verspricht der Hersteller Software-Support bis mindestens 2031 - also über einen Zeitraum von acht Jahren. Zudem gibt es fünf Jahre Herstellergarantie.
Man kann die aktuellen Fairphones entweder mit vorinstalliertem Android-Betriebssystem kaufen, oder mit Fairphone Open OS - einem auf Android basierenden Betriebssystem des Herstellers. Es ist quelloffen und kommt ohne Google-Apps aus. Eine Anleitung (auf Englisch) gibt es hier. Fairphone 3 und 4 sind auch mit dem Betrtriebssystem /e/ erhältlich.
Für die Zukunft hat das Unternehmen weitere Open-Source-Projekte angekündigt. Dabei sollen Entwickler*innen aus der wachsenden Fairphone-Community mitwirken können.
Überzeugt das Fairphone im Gebrauch?
Aufgrund des modularen Aufbaus sind die Fairphones größer und schwerer als gewöhnliche Smartphones, gelten aber als solide und brauchbar. Die ruckelige Performance des Prozessors kritisierte die Testplattform Chip bei den beiden ersten Modellen.
Die neueren Modelle kommen eleganter gestaltet und technisch deutlich verbessert daher und entsprechen den Anforderungen eines modernen Mittelklasse-Smartphones. Mit der Leistung und den Kamerasystemen der Top-Modelle der Konkurrenz allerdings kann es nicht mithalten und für aufwändige Spiele ist es nicht geeignet.
Wer sich für ein Fairphone entscheidet, investiert in ein gutes Gerät und nachhaltige Produktionsmethoden. Die Investition kann sich jedoch nicht jeder leisten: Mit rund 550 Euro ist das Fairphone 5 deutlich teurer als vergleichbar ausgestattete Geräte.