Kommentar

Samsung und die enttäuschten Reparier-Hoffnungen

Ein Artikel von , veröffentlicht am 04.06.2024, bearbeitet am18.06.2024
Foto: Nick Page

Samsung und iFixit hatten eine Kooperation für Reparierbarkeit. Die ist nun tragisch gescheitert. Warum?

Reparatur kann so einfach sein: Da hat man vielleicht eine Bluse, der ein Knopf fehlt. Garn und Nadel hat man zuhause und einen ähnlichen Knopf findet man im Laden um die Ecke.

In der Welt der Smartphones sieht das mit dem Reparieren viel schwieriger aus. Smart ist daran gar nichts. Apple galt lange als eine Art Reparatur-Verhinderer Nummer eins. Wer beim iPhone eine kaputte Batterie tauscht oder tauschen lässt, muss die digital von Apple freischalten lassen. Zum Glück ändert sich das demnächst.

Allerdings ist Samsung gerade dabei, Apple diesen unrühmlichen ersten Platz streitig zu machen, wie heise berichtet. Passt ja, wo sich beide auch um die Spitzenposition bei den Handy-Verkäufen kabbeln. Wer so viele Handys verkauft, macht mit der Strategie zur Reparierbarkeit dieser Handys einen weltweiten Unterschied.

iFixit und Samsung im Clinch

Manege frei für die Kontrahenten in diesem Konflikt. Neben dem Elektroriesen Samsung ist das iFixit. Das Unternehmen aus den USA hat das Reparieren zu seinem Geschäftsmodell gemacht. Man kann bei iFixit Ersatzteile und Werkzeuge kaufen. Außerdem gibt es gut gemachte Anleitungen. Darunter auch viele für Smartphones.

Die beiden wollten sich vor zwei Jahren zusammentun, um die Reparatur von Samsung-Geräten zu erleichtern. Es sollte zum Beispiel originale Ersatzteile von Samsung bei iFixit zu kaufen geben. Zum Vergleich: Für Handys anderer Hersteller gibt es die nicht bei iFixit, sondern nur nachgebaute.

Die Hersteller versuchen nämlich, Reparaturen so sehr es nur geht zu kontrollieren. Die Angebote von iFixit scheinen ihnen eher ein Ärgernis. Umso schöner, dass Samsung damals die Kooperation einging. Nur ist es jetzt damit vorbei. Was war los?

In der Mitteilung von iFixit heißt es, dass Samsung-Handys „mit der Zeit immer weniger reparierbar wurden“.  Und: „Hochglanz-Pressemitteilungen und ehrgeizige Initiativen bedeuten allerdings nicht viel, wenn danach nichts mehr kommt.“ Klingt nach großer Enttäuschung.

Von Samsung selbst gibt es keine Kommentare. Dabei gäbe es doch einiges zu erklären.

Wie ehrlich ist Samsungs Interesse an Reparierbarkeit?

  • Um ein Handy leicht reparierbar zu machen, muss man es leicht auseinanderbauen können. Wie das aussieht, zeigen die modularen Geräte von Shift und Fairphone. Samsung hält seine Handys mit Kleber zusammen. Daran hat sich während der Kooperation mit iFixit nichts geändert.
  • Ersatzteile sind viel zu teuer. Insbesondere Displays, die schnell mal um die 100 Euro kosten. Die gehen neben Akkus auch am häufigsten kaputt. Und jetzt ratet mal, welche Teile Samsung nur als feste Einheit verkaufen wollte... Genau, Akku und Display. Unnötig teuer ist das. Und Ressourcenverschwendung. So, wie wenn man bei der Bluse nicht nur einen Knopf kaufen könnte, sondern immer ein ganzes Set.
  • Die Ersatztzeile wollte Samsung auch begrenzen, auf sieben Stück pro Quartal. Wie soll sich da eine unabhängige Werkstatt ein Geschäft aufbauen können? Genau das wäre aber wichtig, damit mehr Wettbewerb und Preisdruck nach unten entstehen.
  • Und es wird noch schlimmer: Knebelverträge für die unabhängigen Werkstätten sollten sie verpflichten, dass Samsung-Handys mit nicht-originalen Teilen auseinandergenommen werden müssen, wie 404 Media berichtet.
  • Das muss dann an Samsung gemeldet werden. Und zwar – Datenschutz-Horror – inklusive persönlicher Daten der Kund*innen wie Name, Telefonnummer und Adresse.

Warum uns das so ärgert

Noch mal: Samsung macht im Vergleich mit Apple und vielen anderen Herstellern nicht viel mehr falsch. Aber auch kaum weniger. Ein Grundroblem dabei ist Greenwashing – bei Apple haben wir dem eine ganze Serie gewidmet – große Worte, kleine Taten.

Was hielt Samsung wohl davon ab, sich ernsthaft auf Reparaturfreundlichkeit einzulassen? Ideenlosigkeit, Faulheit oder Profitstreben? Der einzige Grund, der teilweise einleuchtet, ist Angst vor technischen Problemen. Also angenommen, es würden massenweise schlechte Akkus in Samsung-Handys eingebaut und die flögen dann in die Luft. Das wäre ein Problem. Aber es ist kein Grund, Reparaturen generell zu erschweren. Noch dazu, weil das Argument mit der Sicherheit nur für die Akkus gilt. Displays oder Mikros explodieren nicht.

Damit es gute und günstige Akkus geben kann, wären gerade die Hersteller wie Samsung gefragt. Indem sie etwa Zertifikate für gute Ersatz-Akkus ausstellen oder einfach Listen vertrauenswürdiger Anbieter veröffentlichen.

Sollte Samsung (oder Apple, Google, Motorola...) sich das mit dem Reparieren ernsthaft auf die Fahnen schreiben wollen, dann wäre iFixit sicher ein guter Anlaufpunkt. Sofern man dort überhaupt noch ans Telefon geht, wenn Samsung anruft.

 

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Jonas Bickelmann

Leitet die Redaktion von mobilsicher. Er studierte Philosophie, machte ein Volontariat bei einer Berliner Tageszeitung und schreibt nicht nur gerne über grünere Smartphones, sondern als freier Autor auch über Reisen und Kultur.

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