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Kommentar

Nie mehr verklebte Akkus? Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg

Ein Artikel von Miriam Ruhenstroth, Jonas Bickelmann, veröffentlicht am 21.10.2024
Foto: Johannes Plenio

Haben Smartphone-Hersteller wirklich seit fünfzehn Jahren nach einer Lösung gesucht, und erst jetzt ist Tesa auf den entscheidenden Trick mit dem Strom gekommen?

Das iPhone 16 bringt auf den klassischen Feldern keine großen Neuerungen mit, keine spektakulären neuen Funktionen, kein für normale Augen sichtbarer Sprung in der Kameraqualität – eigentlich eher wie das iPhone 15 in minimal besser. In Sachen Reparatur bringt das Gerät aber doch mindestens eine große Überraschung:

Der Akku ist zwar nach wie vor verklebt, aber dieser Kleber lässt sich quasi „abschalten“. Wenn man einen leichten Strom (9-30 Volt – das geht auch mit einer handelsüblichen Batterie) anlegt, verschwindet die Klebkraft: Der Akku lässt sich einfach rausnehmen. Keine Klebestreifen, die auf halber Strecke reißen, kein Lösungsmittel, kein Draht, mit dem man den Akkukleber versucht „abzuschneiden“ und keine Spezialwärmepads mehr nötig.

Quadratur des Kreises

Wer schon mal versucht hat, einen Akku aus einem iPhone 6 oder höher zu entnehmen, wird es zu schätzen wissen. Das ist mehr, als einfach nur eine technische Verbesserung. Es ist schon fast die Quadratur des Kreises. Denn seit es iPhones gibt, gibt es verklebte Akkus.

Wir erinnern uns zwar alle an die Handys von früher, die hinten einfach eine Klappe hatten, und man konnte den Akku mit der Hand wechseln. Aber iPhones hatten sowas nie. Die waren schon immer verschraubt, und der Akku schon immer verklebt. Wenn auch nicht ganz so heftig, wie bei den späteren Modellen.

Also, seit es iPhones gibt und alle anderen Smartphone-Hersteller das schicke, schlanke iPhone-Design nach und nach kopiert haben, (Samsung hat bei seinen Flagship-Geräten, Galaxy S und Galaxy Note, die Klappe 2014 abgeschafft) hören wir dieselbe Leier:

ENTWEDER schlanke, schicke Smartphones, die auch noch wasserdicht sind. ODER einen dicken Knochen mit Plastik-Rückseite, bei dem man dann aber auch den Akku wechseln kann. Darf dann aber nicht ins Klo fallen.

Wenn auf einmal doch beides geht

Beides geht nicht – angeblich. Eine Entscheidung musste her. Und der Markt entschied sich. Für schlanke schicke Smartphones, bei denen der Akkuwechsel mitunter so aufwändig und teuer war, dass man sich dann lieber gleich ein neues kaufte. Sind wir also selber schuld, oder?

Entweder der Akku ist maximal dünn, verzichtet dabei auf eine schützende Hülle und auf jegliche Halterungen und muss natürlich trotzdem bombenfest sitzen. Das geht nur mit Kleber, sagten uns die Hersteller. Oder man baut das Gerät so, dass der Akku leicht herausnehmbar ist. Dann braucht er eine schützende Ummantelung, weil sonst Explosionsgefahr bestünde. Und irgendeinen sperrigen Halterungsmechanismus. Damit die Rückseite nicht sofort bricht, wenn man sie öffnet, ist sie halt aus Plaste.

Das lässt sich nicht ganz von der Hand weisen – all die modernen Smartphones, die wechselbare Akkus haben, sind nicht ganz so schlank. Siehe Fairphone. Das klang also nach einem rein technischen Dilemma – geht halt nur so oder so. Oder?

Denn: Wenn beides möglich wäre, also schlanke schicke Smartphones mit leicht entfernbarem Akku, dann würden das die Hersteller doch bauen, oder? ODER?

Wieso erst jetzt?

Und jetzt kommt Apple (mal wieder Apple) mit dem Elektrokleber um die Ecke. Also, genauer genommen, Tesa, die den Kleber für die neuen iPhones entwickelt haben. Klingt wie die perfekte technische Lösung für das ganze Dilemma.

Aber ist das wirklich nur eine technische Lösung? Also, haben Apple und alle anderen Smartphone-Hersteller wirklich seit fünfzehn Jahren nach einer Lösung für das Problem gesucht, und erst jetzt ist Tesa auf den entscheidenden Trick mit dem Strom gekommen? Ganz sicher kann man das natürlich nicht sagen.

Aber oft ist es ja so, dass sich Lösungen dann auftun, wenn man danach sucht. Fakt ist: Ganz neu ist die Sache mit dem Elektrokleber nicht – eine (sehr) kurze Recherche dazu fördert Patente dazu von 2001 zutage.

Fakt ist auch, dass die Hersteller inzwischen erheblichen politischen Druck bekommen, wegen der fest verklebten Akkus. Es sieht ganz so aus, als würde die EU diese demnächst ganz verbieten – mit wenigen Schlupflöchern. Und zufällig gerade jetzt taucht also wundersam eine wirklich elegante Lösung zu diesem vermeintlichen rein technischen Dilemma auf? Oder ist es vielleicht gar nicht so sehr ein technisches Problem als vielmehr ein wirtschaflich und gesellschaftliches? Das mit viel Druck und Engagement aus verschiedensten Richtungen (hauptsächlich aus der Zivilgesellschaft) irgendwann in Form einer Regulierung gelöst wurde?

Technische Lösungen für technische Probleme

Tatsächlich ist es ein bisschen komplizierter. Das iPhone 16 ist nämlich immer noch verklebt. Mit ganz normalem Kleber – Öffnen ohne Spezialausrüstung zum Erwärmen aussichtslos. Der E-Kleber ist nur für die Akkus, nicht fürs Gehäuse.

Sowas wird demnächst in der EU verboten sein. Wegen der Ökodesign-Richtlinie. Aber aktuell wird noch um ein Schlupfloch heftig gekämpft: Die Industrie möchte eine Ausnahme für Geräte mit der wassergeschützten Schutzklasse IP 68. Also alle modernen High-End-Smartphones, iPhone inbegriffen.

Ein guter Zeitpunkt also, um guten Willen zu zeigen: Schaut her, wir wollen es doch auch, das Recycling – auch ganz ohne Regulierung.

Was lernen wir daraus? Technische Probleme können mit Technik gelöst werden, gesellschaftliche nicht.

 

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