Kommentar

Apple Intelligence: Boykottiert den Supercycle

Ein Artikel von , veröffentlicht am 29.08.2024

Wenn neue iPhones bei KI-Features raus sind, könnte das die Handy-Verkäufe treiben. Dabei hatten wir uns doch gerade gefreut, dass die zurückgehen.

Da ist ein Handymodell gerade eins der aktuellsten am Markt. Und trotzdem schon altes Eisen. Die Rede ist vom iPhone 15 und 15 Plus. Denn die neuen KI-Funktionen, die Apple für Herbst groß angekündigt hat, werden auf diesen Modellen nicht vollständig laufen. Nur die neuere 16er-Reihe und die 15-Pro-iPhones haben die dafür nötige Hardware, wie etwa heise berichtet.

Was für die Kund*innen ziemlich ärgerlich ist, könnte Apple mehr Verkäufe bei den neuen Modellen bescheren.

Obszoleszenz im neuen Gewand

Es ist das bekannte Muster der Tech-Branche: Hersteller versprechen Innovationen, die Kund*innen möglichst schnell zum nächsten Modell treiben soll. Das nennt man in der Extremform dann einen „Supercycle“: eine Veränderung, die so groß ist, dass sie fast alle alten Geräte aus dem Markt wirft. Für die Umwelt ist die kurze Nutzungsdauer übel.

In den letzen Jahren veränderten sich Handys langsamer und wurden gleichzeitig teurer. Das führte zu einem Anreiz, sie länger zu behalten - die Verkaufszahlen gingen leicht zurück. Allerdings von einem wahnsinnig hohen Niveau: 2018 wurden mehr als 1,5 Milliarden Handys weltweit verkauft, 2023 noch circa 1,3. Nur 11 Jahre zuvor lag die Zahl noch bei 680 Millionen. In dem Jahr kam das iPhone 5 auf den Markt. Das erste Apple-Handy mit LTE.

Um den Verkauf anzukurbeln, entwickelten die Verkaufsprofis bei Apple sogar extra ein Webtool, um zu erklären, was man mit neuen Modellen für Vorteile habe. Das war den Kund*innen offenbar nicht immer ersichtlich.

Beim Thema KI ist das anders. Die Technologie ist prominent wie lange keine Innovation mehr und die Erwartungen an Apple sind hoch. Während das Unternehmen lange Google und Microsoft hinterherzuhinken schien, könnte es sich mit gut gemachten Lösungen wieder nach vorne kämpfen.

Was die KI „Apple Intelligence“ können soll

Noch ist Apple Intelligence bloß im Testmodus verfügbar. Folgende Fähigkeiten soll das System unter anderem haben:

  • individuelle Emojis erstellen
  • Texte zusammenfassen
  • Siri kompliziertere Aufgaben erledigen lassen
  • Fotos nach bestimmten Outfits, Motiven etc. durchsuchen

Apple verspricht beim Datenschutz ein Plus, nämlich, dass die KI-Verarbeitung größtenteils auf den iPhones selbst passiert. Das sei auch der Grund, warum die „älteren“ iPhones außen vor bleiben. Die Anforderungen an die eingebauten Chips sind besonders hoch.

Wofür wird Technik verwendet?

Die zentrale Frage ist: Lösen die neuen Funktionen wirklich Probleme, die die Kosten - vor allem die ökologischen - rechtfertigen? Müssen wir ein nahezu neues Gerät austauschen, um fortan für jedes Gefühl neue Emojis hervorzaubern zu können? Oder sitzen wir hier mal wieder kollektiv einem Hype auf, der uns bequeme technische Lösungen verspricht, für Probleme, die wir entweder nicht haben oder die sich so gar nicht lösen lassen?

Viele der neuen KI-Funktionen sollen dazu dienen, besser mit dem Überfluss an Nachrichten, Bildern, Terminen und To-Dos klarzukommen. Das klingt sehr nach dem Versuch, die negativen Folgen von Überkonsum mit noch mehr Konsum zu bekämpfen.

Anstatt auf Technologie zu setzen, mit der wir noch mehr E-Mails in noch kürzerer Zeit beantworten, kann man sich ja auch überlegen, ob all diese Mails wirklich nötig sind. Anstatt noch mehr gedankenlos geschossene Bilder noch leichter sortieren zu können, kann man sich auch fragen, ob man wirklich jeden Quatsch fotografieren muss.

Ein besserer Umgang mit Zeit, Energie und Aufmerksamkeit fängt im eigenen Kopf an. Technische Hilfsmittel für die Umsetzung gibt es einige: Zum Beispiel Nicht-Stören-Funktionen, Timekeeping, digitale Auszeiten.

Also warum behalten wir nicht einfach unsere funktionierenden Smarpthones und lassen uns ganz ohne KI noch viele weitere Tricks einfallen, die das Leben wirklich erleichtern.

Der Autor

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Jonas Bickelmann

Leitet die Redaktion von mobilsicher. Er studierte Philosophie, machte ein Volontariat bei einer Berliner Tageszeitung und schreibt nicht nur gerne über grünere Smartphones, sondern als freier Autor auch über Reisen und Kultur.

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