Es kann ganz einfach sein. Mit einer App, die Daten zum Zyklus auf dem Handy selbst speichert und nichts an irgendwelche Unternehmen sendet. Schließlich geht es um ein höchst intimes Thema. Persönliche Daten sind immer schützenswert, wenn es dabei um Gesundheit oder Sexualität geht, aber umso mehr.
Dass es tatsächlich so simpel und vorbildlich geht, beweisen vier empfehlenswerte Apps aus unserem Test. Die acht anderen würden wir eher nicht empfehlen. Sie sammeln alarmierend viele Daten über euch und verbrauchen dabei unnötig Strom. Ein Klimaschaden, der leicht zu vermeiden wäre.
Diese Apps haben wir getestet
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Die kleineren – nach Downloads – sind meist die besten und wir stellen sie hier deshalb an den Anfang. Über den Namen haben wir die jeweilige App im Google Play Store verlinkt.
- myNFP, 100 Tsd.+ Downloads, nach Testphase kostenpflichtig
- Lady Cycle, 10 Tsd.+ Downloads, Hauptfunktionen gratis
- drip period &fertility tracker, 10 Tsd.+ Downloads, gratis – auch im freien Store F-Droid
- Periodical, 10 Tsd.+ Downloads, gratis – auch im freien Store F-Droid
- Flo Zyklus- & Eisprungkalender, 100 Mio.+ Downloads, kostenpflichtige Inhalte
- Menstruations-Kalender (Simple Design), 100 Mio.+ Downloads, kostenpflichtige Inhalte
- Clue Perioden Kalender, 50 Mio.+ Downloads, kostenpflichtige Inhalte
- Menstruationskalender (Leap Fitness), 10 Mio.+ Downloads, kostenpflichtige Inhalte
- Clover - Periodenkalender, 5 Mio.+ Downloads, kostenpflichtige Inhalte
- Maya: Periode, Schwangerschaft, 5 Mio.+ Downloads, kostenpflichtige Inhalte
- Ovy – Periode Eisprung Zyklus, 100 Tsd.+ Downloads, kostenpflichtige Inhalte
- Femia Eisprungkalender, 100 Tsd.+ Downloads, kostenpflichtige Inhalte
Große Unterschiede
Die Testergebnisse zeigen eine Gruppe vorbildlicher Apps und eine Gruppe von datenhungrigen Apps. In unserer Infografik sind sie danach sortiert, wie viele Tracking-Daten die App im Betrieb pro Minute über das Internet versendet. Die besten vier Apps stehen deshalb am Ende. Ihr Datenverbrauch ist im Vergleich zur „hungrigsten“ App Ovy verschwindend gering – oder gar einfach null.
Unter den datenhungrigen Apps fallen einige noch mal extra negativ ins Auge: Ovy mit dem größten Datenverbrauch insgesamt (Funktion und Tracking/Werbung) – gut dreimal mehr als die nächste App auf der Liste. Das ist der Menstruations-Kalender von Simple Design. Wiederum um den Faktor drei höher als der Verbrauch der folgenden, fast namensgleichen App ohne Bindestrich.
Clue hat einen sehr hohen Traffic, der nicht Werbung oder Tracking dient. Da die App keine nennenswert umfangreicheren Funktionen bietet als die anderen, scheint das aber kein notwendiger Funktionstraffic zu sein.
Warum sich diese Apps so unterscheiden, schauen wir uns im nächsten Absatz an.
Ovy und Simple Design: Nicht zu empfehlen
Einen Zykluskalender kann man fast ganz ohne Online-Traffic bauen, wie die besten Apps im Test zeigen. Aber wenn sich die App über Werbung finanziert, geht das natürlich nicht.
Ovy ist unser Schlusslicht in Sachen Datensparsamkeit. Unsere Liste der in Ovy gefundenen Tracker umfasst ganze dreizehn Anbieter. Die meisten davon gehören zum Shopify-Universum. Shopify ist eine E-Commerce-Software, mit der Händler ihre Produkte online vermarkten können. Viele Drittanbieter bieten Dienste an, mit denen Händler ihre Shopify-Shops zum Beispiel auch in Apps bewerben und potentielle Kund*innen tracken und binden können.
Der Kalender von Simple Design ist die App mit dem zweitintensivsten Datentraffic für nervige Werbung und Tracking. Hier könnt ihr im Detail nachlesen, mit welchen Anbietern die App in unserem Test Kontakt aufnahm. Ein Name ist dabei besonders zu beachten: Moloco. Diese Firma brüstet sich auf ihrer Webseite damit, dass sie Machine Learning, also KI-Algorithmen, für Werbezwecke einsetzt. Der von uns gemessene Datenverkehr mit diesem Anbieter war rund fünfmal so hoch wie der gesamte Traffic, der für die Funktionalität der App anfiel und knapp 20-mal so groß wie der Datenverkehr aller anderen Werbeanbieter in der App zusammen.
In den Apps auf den ersten Plätzen geht auch viel Traffic an die Anbieter der App und an technische Dienstleister. Diesen Datenverkehr rechnen wir zwar der eigentlichen Funktion der App zu. Das bedeutet aber nicht, dass dieser Traffic bei der angebotenen Funktion zwingend notwendig wäre. Negativ-Höhepunkt ist hier Clue. Dass man es auch mit weniger Datenverkehr hinbekommt, zeigt etwa die ähnliche App Flo – bei der es dafür andere Probleme gibt. Etwas simpler gestaltet, aber mit durchdachten Funktionen und noch dazu gratis ist die empfehlenswerte App drip.
Die anderen weniger empfehlenserten Apps – Maya, Flo, Femia und der Kalender von Leap Fitness – haben zwar deutlich weniger Traffic, aber auch der ließe sich vermeiden. Mehr dazu lest ihr weiter unten.
Viele Downloads, mehr Schaden
Die nach weltweiten Downloads größten Apps gehören auch zu den übleren, was den Datenhunger angeht. Und je mehr Daten eine Anwendung über das Internet versendet, desto mehr Strom wird in der Übertragungsinfrastruktur verbraucht. Zwar ist dieser zusätzliche Stromverbrauch für eine einzelne App, die auf einem Gerät läuft, klein. Aber wenn man den Verbrauch von allen Nutzer*innen zusammenzählt, kommt bei mehr als hundert Millionen Downloads doch einiges zusammen. Wir haben für die folgende Grafik jeweils nur eine einminütige Nutzung für jede Installation angenommen. Außerdem sind die Werte für die Downloads Minimalangaben aus dem Playstore. Unsere Rechnung ist also sehr konservativ. Trotzdem zeigt sich ein erschreckendes Bild.
Der Menstruations-Kalender von Simple Design verschleudert zusammengerechnet auf allen Handys, auf denen er installiert wurde, mehr Strom als ein deutscher Single-Haushalt in einem ganzen Jahr, nach Daten des Stat. Bundesamts. Und zwar nur für das ärgerliche Tracking. Also für etwas, auf das wir schon aus Gründen des Datenschutzes sehr gut verzichten können. Andere Apps wie etwa Ovy fallen bei dieser Rechnung wenig ins Gewicht. Sie haben ja viel weniger Downloads. Aber das ist keine Entschuldigung, so ineffizient zu arbeiten, wie es Ovy tut. Hätte die App auch über 100 Millionen Downloads, sähe die Bilanz übel aus.
Clue schafft es mit mindestens 50 Millionen Downloads und dem unnötig hohen Funktions-Traffic durch eine Minute Nutzung auf allen Geräten auch auf etwa ein halbes Jahr Stromverbrauch des durchschnittlichen Single-Haushalts. Und den schaffen andere, komplett offline abzuwicklen. Im nächsten Schritt betrachten wir zum Vergleich die vier vorbildichen Apps.
Großes Lob für drip, Periodical, myNFP und Lady Cycle
Nun endlich zum Positiven: Es gibt Apps, die all das gut machen. Die meisten sind sogar gratis.
Es ist nicht grundsätzlich verwerflich, dass App-Anbieter mit ihrer Arbeit Geld verdienen wollen. MyNFP etwa kostet 40 Euro pro Jahr oder 129 für zeitlich unbegrenzte Nutzung. Lady Cycle hat auch ein Abo im Angebot, es ist aber nicht für die Hauptfunktionen nötig.
Drip und Periodical sind ganz kostenlos und quelloffen. Deshalb gibt es sie auch im freien App-Store F-Droid. Quelloffene Software kann von externen Entwickler*innen nachvollzogen werden, weil ihr Innenleben für alle lesbar ist. Das macht solche Apps sicherer.
Zwar hat auch Lady Cycle Tracker eingebaut. Aber die verbrauchen kaum Strom, weil sie nur minimale Verbindungen aufbauen. Bei MyNFP, drip und Periodical gibt es überhaupt keine Datenübertragung für Tracking. Und nicht nur das: Auch die Funktion findet bei drip und Periodical ohne Internetverbindung auf dem Gerät statt. Applaus und Chapeau!
Warnende Worte zum Schluss
Nicht alle Datenübertragungen sind gleich bedenklich. Aber in diesem Test sind uns besonders gruselige Dinge aufgefallen:
- Der Anbieter von Flo fragt neben der E-Mail-Adresse auch Informationen zum Körper ab, zum Beispiel die Körpergröße. Zusätzlich erfasst er über die App die Werbe-ID. Das ist auch bei Clue so. Über die Werbe-ID lassen sich deine Daten leicht mit zugekauften Daten ergänzen, die detaillierte Informationen enthalten. Weil Flo diese Daten mit deiner E-Mail-Adresse und mit Körperdaten verknüpfen kann, sind sie dann nicht mehr anonym. Wer sich einen Account bei Flo anlegt, muss ein Passwort wählen. Dieses Passwort wird zwar über TLS aber ohne zusätzliche Verschlüsselung übertragen, was nicht den gängigen Sicherheitsstandards entspricht.
- Die App Maya erfasst neben persönlichen Daten wie dem Geburtstdatum auch den genauen Standort. Standortdaten sind bei Werbekunden ausgesprochen beliebt. Schon mit wenigen Standortdaten ist es möglich, eine Person zu deanonymisieren. Außerdem wird auch hier das Passwort für den eigenen Account nur per TLS aber ohne zusätzliche Verschlüsselung übertragen.
- Hintergrund: Die Daten der Zyklustracker sind besonders sensibel, weil sie in Ländern mit restriktiven Abtreibungsgesetzen in juristischen Verfahren als Beweise eingesetzt werden könnten. Die Oxforder Professorin Gina Neff wählte drastische Worte, als das oberste Gericht der USA 2022 Abtreibungsverbote zuließ: „Löscht jetzt, in diesem Moment, alle digitalen Spuren von Menstruations-Tracking.“ Löschen kann eine Nutzer*in aber nicht, was Werbenetzwerke oder andere Tracker speichern.
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