Manche Dinge kann man per Mobilfunknummer bezahlen. Die Kosten werden dann mit der nächsten Handyrechnung eingezogen. Dieses Verfahren ist unter dem (veralteten) Begriff WAP-Billing oder auch Direct-Carrier-Billing (DCB) bekannt.
Seit es Mobilfunk gibt, gibt es Beschwerden darüber, dass mit WAP-Billing betrogen wird. Doch wie häufig passiert das wirklich? Ist es ein gravierendes Problem, wie Verbraucherschützer stets behaupten, oder sind es nur wenige schwarze Schafe, wie die Telekommunikationsunternehmen regelmäßig beteuern?
Mit der Befragung "Der unbekannte Dritte" der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein kommen jetzt erstmals einigermaßen belastbare Zahlen zutage – und die sind erschreckend.
Geschätzter Schaden: Siebzig Millionen Euro
Von 1.442 befragten Mobilfunknutzern berichteten rund acht Prozent, dass ihnen innerhalb der zurückliegenden drei Jahre ein Drittanbieter eine Leistung über das Zahlverfahren WAP-Billing in Rechnung gestellt hat, beispielsweise für eine Spiele-App. Mehr als zwei Drittel dieser Personen gaben an, diese unwissentlich geordert zu haben.
Nur ein Drittel hatte sich bewusst und absichtlich für den Vertrag entschieden. Demnach hatten rund fünf Prozent aller Mobilfunknutzer in den drei Jahren vor dem Befragungszeitpunkt (August 2016) ungewollte Drittanbieterkosten auf der Handyrechnung.
Den Schaden für deutsche Mobilfunknutzer in den drei Jahren schätzen die Autoren der Studie auf siebzig Millionen Euro.
Für besonders heikel halten sie die Lage bei Kunden mit Prepaid-Verträgen. Diese haben keinen automatischen Anspruch auf eine Rechnung und auch nicht auf einen Einzelverbindungsausweis. Somit ist es für sie schwieriger, Betrugsfälle zu entdecken.
Sicherungsmaßnahmen nicht vollständig
Seit 2015/2016 hat die Mobilfunkbranche sukzessive das so genannte Redirect-Verfahren eingeführt, das Verbraucher eigentlich vor betrügerischen Abbuchungen per WAP-Billing schützen soll. Als Teil der Brancheninitiative „Clean Market“ werden Verbraucher dabei stets auf eine Bezahlseite weitergeleitet, die sich unter der Kontrolle des Mobilfunkanbieters befindet.
Die Seite klärt rechtlich korrekt über den Vertrag des Drittanbieters und dessen Bedingungen auf. Erst wenn die Kunden dort der Buchung zustimmen, wird diese tatsächlich getätigt.
Das hilft nach Einschätzung der Verbraucherschützer durchaus gegen einige Betrugsmaschen. Seit der Einführung des Redirect ist die Zahl der Beschwerden spürbar zurückgegangen. Es schützt aber nicht vollständig. Als Gründe nennen sie zum einen, dass das Verfahren nicht überall eingesetzt wird. Zum anderen könne es durch automatische Zugriffe, die etwa von betrügerisch agierenden Smartphone-Apps ausgehen, ausgehebelt werden.
Voreingestellte Drittanbietersperre
Nach wie vor fordern die Verbraucherschützer die standardmäßig voreingestellte Drittanbietersperre für Mobilfunkgeräte. Verbraucher und Verbraucherinnen müssten dann zunächst selbst aktiv werden und die Sperre aufheben, wenn sie Drittanbieterleistungen in Anspruch nehmen wollen.
Die Telekommunikationsanbieter lehnen eine solche Regelung strikt ab. Ein entsprechendes Gesetzesvorhaben wurde zwar immer wieder diskutiert, aber bisher nicht vom Gesetzgeber umgesetzt.
Die Autoren der Studie verweisen allerdings auf die aktuelle rechtliche Dynamik. Am 27. April 2017 hat der Bundestag die Bundesnetzagentur beauftragt, ein für alle Telekommunikationsanbieter verbindliches Verfahren zu entwickeln, dass Verbraucher tatsächlich effektiv schützen soll.
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- Wie Netzbetreiber das Problem in den Griff bekommen wollen, beschreibt der Artikel „Drittanbieter-Kosten: Operation sauberer Markt“.
- Und was Sie tun können, wenn auf Ihrer Rechnung Kosten auftauchen, die Sie sich nicht erklären können, erklärt der Ratgebertext „Unbekannte Kosten auf der Handyrechnung“.