News vom 07.06.2018

Jetzt also doch: WhatsApp teilt Telefonnummern mit Facebook

Ein Artikel von , veröffentlicht am 07.06.2018

Als WhatsApp vergangenes Jahr ankündigte, Daten mit Facebook zu teilen, gab es einen öffentlich Aufschrei – viele Nutzer verließen den Dienst. Nun hat der Konzern seine Ankündigung wahr gemacht. Im Wirbel um die neuen EU-Datenschutzgesetze ist das fast untergegangen. Ob der Schritt zulässig ist, wird sich wohl erst vor Gericht entscheiden.

Immer wieder haben wir an dieser Stelle über das Ringen von Datenschutzbehörden mit dem Facebook-Konzern berichtet. Vor allem ging es um eine Frage: darf der Konzern die Daten von Facebook und der Firmentochter WhatsApp abgleichen und so beispielsweise herausfinden, dass es sich bei Facebook-Nutzer X und WhatsApp-Nutzer Y um die gleiche Person handelt?

Eigentlich war der Fall klar: der für Facebook in Deutschland zuständige Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar hatte dem Konzern den Datenabgleich verboten. Beim Versuch, gegen das Verbot gerichtlich vorzugehen, ist Facebook immer wieder gescheitert, im März 2018 beispielsweise vor dem Hamburger Oberverwaltungsgericht.

Die DSGVO und der Datenschutz

Wir bei mobilsicher.de gingen wie viele andere Beobachter davon aus, dass die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) den problematischen Umgang von IT-Konzernen mit Nutzerdaten wirksam einschränkt. Die Verordnung war schon seit zwei Jahren formal in Kraft getreten, erst seit wenigen Tagen ist sie jedoch scharf gestellt. Seit dem 25. Mai können Behörden Verstöße gegen die DSGVO mit erheblichen Bußgeldern ahnden.

Facebook hat sich trotz DSGVO in den Tagen auf eine Art verhalten, die wir ziemlich dreist finden. Nicht in der Datenschutzerklärung, sondern in einer Liste mit FAQs (den am häufigsten gestellten Fragen) unter der Kategorie „Sicherheit und Datenschutz“ machen sie klar: Ja, das Unternehmen führt persönliche Daten von WhatsApp und Facebook zusammen, darunter auch eine besonders private Information, die Telefonnummer.

WhatsApp: ein Datenabgleich findet statt

Unter der Überschrift „So arbeiten wir mit den Facebook-Unternehmen zusammen“ schreibt WhatsApp:

"Derzeit teilt WhatsApp nur wenige Informationskategorien mit den Facebook-Unternehmen. Dazu gehören die Telefonnummer, die du bei der Registrierung für WhatsApp verifiziert hast, einige Geräteinformationen (Gerätekennung, Betriebssystemversion, App-Version, Plattforminformation, Ländervorwahl der Mobilnummer, Netzwerkcode sowie Markierungen, die es erlauben, deine Zustimmung zu Aktualisierungen und Steuerungsoptionen nachzuverfolgen) und einige deiner Nutzungsinformationen (wann du WhatsApp zum letzten Mal genutzt hast, wann du deinen Account registriert hast, sowie die Art und Häufigkeit deiner Nutzung von Features)."

Facebook als „Diensteanbieter“

Der Zweck dieses Abgleichs sei, dass „Services bereitgestellt werden können, die der Verbesserung von WhatsApp und der Weiterentwicklung unseres Unternehmens dienen.“

WhatsApp versucht hier, Facebook als „Diensteanbieter“ darzustellen, der WhatsApp durch das Bereitstellen von Technologie, Infrastruktur oder Wissen unterstütze und so dabei helfe, WhatsApp bereitstellen und verbessern zu können. Konkret könne der Abgleich von Telefonnummern beispielsweise dabei helfen, zu erkennen inwiefern WhatsApp-Nutzer auch Nutzer andere Facebook-Dienste sind.

Einziger Ausweg: WhatsApp nicht nutzen

Wer mit der Datenweitergabe nicht einverstanden ist, so WhatsApp, habe die Möglichkeit, den Messenger schlicht nicht zu nutzen.

Der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar findet das Verhalten von Facebook empörend und hält es für rechtlich nicht zulässig, wie er gegenüber dem IT-Magazin Golem sagte. Er empfiehlt, dass Nutzer von der Möglichkeit Gebrauch machen, der Datenweitergabe an Facebook zu widersprechen. Dafür stellt WhatsApp eine Anleitung bereit.

Widerspruch mit unklarer Erfolgsaussicht

Ein Widerspruch ist per E-Mail möglich. WhatsApp fordert allerdings rechtliche Erörterungen ein, die juristische Laien abschrecken dürften. So soll man beispielsweise erläutern, welche Rechte und Freiheiten die Datenverarbeitung warum beeinträchtigt und man soll Informationen mitschicken, die das belegen können. Über die Erfolgsaussichten eines solchen Widerspruchs ist noch nichts bekannt.

Es wird spannend

Klar ist: das Ringen zwischen Datenschutzinteressen und IT-Konzernen ist mit der Datenschutz-Grundverordnung in eine neue Runde gegangen. Am Ende werden europäische Gerichte entscheiden, wie strikt die Verordnung in der Praxis ausgelegt wird.

Der österreichische Datenschutzaktivist Max Schrems hat mit seiner Organisation noyb (für: „None of your Business“) in verschiedenen europäischen Ländern Beschwerde gegen vier IT-Unternehmen und ihre Praxis der „Zwangszustimmung“ eingereicht, darunter auch gegen WhatsApp.

Wie viele unterschiedliche Instanzen der Streit durchlaufen wird und wann es eine endgültige Entscheidung geben wird, können wir nicht sagen. Aber klar ist: über die Diskussion um den Datenabgleich zwischen WhatsApp und Facebook werden Sie an dieser Stelle noch öfters lesen.

Geschrieben von

Stefan Mey

Stefan Mey ist freier Autor für verschiedene spezialisierte IT-Magazine und für die Technologie-Ressorts IT-ferner Medien. Er interessiert sich für die Auswirkungen von Technologie auf Alltag, Gesellschaft und Politik. Vor allem hält er es für wichtig, die sich überschlagenden Entwicklungen im mobilen Internet fundiert und kritisch zu begleiten. Bis November 2018 hat er das mobilsicher-Team als Redakteur unterstützt.

Weitere Artikel

YouTube-Video 

E-Mails auf dem Handy: Diese Apps sind sicher (Android)

Mail-Apps helfen, E-Mails auf dem Handy zu verwalten. Doch nicht alle Android-Apps sind sicher - manche lesen sogar Passwörter und E-Mail-Inhalte aus. Welche Apps falsche Freunde sind und welchen Sie vertrauen können, erfahren Sie im Video.

Ansehen
Ratgeber 

Smartphones: Brauche ich einen Virenscanner?

Schlagzeilen zu Trojanern und anderen Schadprogrammen, die Handys befallen, machen regelmäßig die Runde. Sollte man einen Virenscanner installieren oder reichen die hauseigenen Schutzfunktionen von Apple und Google? Ein Überblick.

Mehr
Ratgeber 

DuckDuckGo: Suchen ganz ohne Google

Die Suchmaschine DuckDuckGo finanziert sich durch Werbung, verzichtet dabei aber ganz auf Google-Dienste. Ihren Such-Index bildet sie aus vielen verschiedenen Quellen. In einigen Browsern können Sie DuckDuckGo mit nur einem Klick als Standard-Suche festlegen.

Mehr
Ratgeber 

Die ICE-Erpresser

Es sind nicht immer bösartige Hacker mit spezieller Schadsoftware, die Mobilgerät-Nutzern Geld aus der Tasche ziehen. Auch ganz normale „Kleinkriminelle“, wie Diebe und Erpresser, haben Smartphones und Tablets als Angriffsziel für sich entdeckt.

Mehr