News vom 21.12.2017

Privatsphäre muss kosten

Ein Artikel von , veröffentlicht am 21.12.2017

Die Wetter-App des Deutschen Wetterdienstes (DWD) darf nicht kostenlos sein. Das hat das Landgericht Bonn entschieden, nachdem „Wetter Online“ geklagt hatte. Eine herbe Niederlage für die einzige uns bekannte Wetter-App mit Respekt für Privatsphäre.

Im Sommer diesen Jahres haben wir uns bei mobilsicher.de Wetter-Apps angesehen. Unser wenig überraschender Eindruck: Kommerzielle Vertreter enthalten haufenweise Werbenetzwerke und Tracker und sind - das ist unsere Ansicht - eher als Datensammler mit Zusatzfunktion Wetterdienst zu betrachten.

Wie haben wir uns daher über die App des Deutschen Wetterdienstes gefreut. Eine App, die von uns das Prädikat "Vorbildlich" bekommt, gibt es schließlich selten. Nun erhält diese Freude einen Dämpfer: Die App darf in ihrem jetzigen Funktionsumfang nicht mehr kostenlos sein. Das hat am 15. November das Landgericht Bonn entschieden, wie der DWD in dieser Woche bekannt gab.

Geklagt hatte das Unternehmen "WetterOnline Meteorologische Dienstleistungen GmbH", das unter anderem die App "WetterOnline" herausgibt. Der Vorwurf: steuerfinanzierte Wettbewerbsverzerrung. Dabei stellt der Deutsche Wetterdienst all seine Daten seit 1. Juni 2017 kostenlos auch privaten Wetterdiensten zur Verfügung.

Aus Datenschutzperspektive bedauerlich

Juristisch mag das alles seine Gründe haben. Für die Privatsphäre ist es dennoch eine herbe Niederlage. Der Grund: Die ebenfalls kostenlose App von WetterOnline hat einen hohen Preis für die Nutzer - und zwar in puncto Datenumgang. In einer Kurzanalyse fanden wir heraus, dass die App zu stolzen 13 Unternehmen Kontakt aufnehmen kann (gezählt haben wir dabei nur die eingebundenen Adressen, die wir einem Unternehmen zuordnen konnten):

Was es mit diesen eingebundenen Unternehmen in Apps auf sich hat, erklären wir im Videobeitrag Schnüffelmodule in kostenlosen Apps.

In dieser Kurzanalyse haben wir nicht getestet, welche Daten konkret an die einzelnen Unternehmer gehen. Für die Konkurrenz-App Wetter.com haben wir das in einem Volltest aber herausgefunden. Dort erhielten eingebundene Werbe- und Analysedienste unter anderem Standortdaten und eindeutige Kennnummern, wie etwa die Device-ID. Aus Privatsphäresicht also ein Totalschaden. Wir vermuten, dass es bei WetterOnline nicht besser aussieht.

Als Reaktion auf das Urteil bietet der Deutsche Wetterdienst nun zwei verschiedene Versionen seiner App an. Die jetzige kostenlose Version wird in ihrem Funktionsumfang stark eingeschränkt, sie kann ab jetzt nur noch allgemein vor Unwettern warnen. Dies betrifft auch Nutzer, die sie schon installiert haben. Über einen In-App-Kauf mit Kosten von (einmalig) 1,99 Euro kann man sie zur App mit vollem Funktionsumfang upgraden. Wir empfehlen unseren Lesern wärmstens, dieses Geld zu investieren.

Mehr zum Thema bei Mobilsicher:

 

Die Autorin

E-Mail

m.ruhenstroth@mobilsicher.de

PGP-Key

0x2F021121044527DC

PGP Public Key

Download als .asc

Fingerprint

BC80 45E0 3110 EA00 A880 0827 2F02 1121 0445 27DC

Miriam Ruhenstroth

Begleitet mobilsicher.de seit der Gründung – zuerst als freie Autorin, dann als Redakteurin. Seit Januar 2017 leitet sie das Projekt, das 2020 um den AppChecker erweitert wurde. Davor arbeitete sie viele Jahre als freie Technik- und Wissenschaftsjournalistin.

Weitere Artikel

YouTube-Video 

Fotodaten entfernen mit „Scrambled Exif“ (Android)

Viele Smartphone-Kameras hinterlegen automatisch Metadaten in Fotos: zum Beispiel den Standort, Geräteinformationen und manchmal auch Daten zur Nutzerin. Wer nicht möchte, dass andere diese Daten auslesen können, kann sie mit einem Fingertipp entfernen.

Ansehen
Ratgeber 

Freies Android: Das kann das Betriebssystem /e/

Die französische e Foundation möchte ein Android ohne Google bieten - und zwar für Alltagsnutzer*innen ohne Fachwissen. Erste Smartphones sind schon auf dem Markt. Wir haben das freie Betriebsystem /e/ ausprobiert.

Mehr
YouTube-Video 

Freie Betriebssysteme

Freie Betriebssysteme können das Leben eures Smartphones verlängern. Betriebssysteme wie Android werden viel zu kurz mit Sicherheits-Updates versorgt. Bei alternativen Betriebssystemen ist das anders – die kann im Prinzip jeder mit Sicherheitsupdates versorgen. So könnt ihr euer Smartphone nutzen, bis es kaputt ist.

Ansehen
Ratgeber 

So löschen Sie Ihre Standortdaten bei Google

Google hat neue Funktionen angekündigt, mit denen NutzerInnen die beim IT-Konzern gespeicherten eigenen Daten automatisch löschen lassen können. Bis es soweit ist, muss man diesen Schritt noch von Hand vornehmen. Wie Sie die Löschoption für die Standortdaten finden, zeigen wir hier in einfachen Schritten.

Mehr