Wie das Nachrichtenportal netzpolitik.org berichtet, hat der norwegische Verbraucherrat Forbrukkerradet zehn weit verbreitete Apps analysiert. Im Mittelpunkt stand die Frage, welche Daten von Nutzer*innen sie an welche Unternehmen weiterleiten.
Die Studie trägt den Titel "Out of Control" ("Außer Kontrolle"): Häufig werden ohne Rücksprache mit den Nutzer*innen Datenpakete an Drittanbieter gegeben, die intime Informationen mit der Werbe-ID verknüpfen. Das ist eine individuelle Kennnummer, die jedes Smartphone für seine*n Nutzer*in generiert. Eigentlich sollten Nutzer*innen dadurch anonym bleiben.
Die Daten können so eindeutig bestimmten Nutzer*innen zugeordnet und mit den bisher über sie gesammelten Daten verbunden werden. Das dient der Erstellung möglichst genauer Profile, mit deren Hilfe Werbung möglichst passgenau geschaltet wird. Laut Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist diese Praxis strafbar.
- Wie Tracking in Apps funktioniert und was Sie dagegen tun können, erfahren Sie in unserem Artikel Tracking in Apps: Das können Sie tun (Android).
- Eine App, mit der Sie überprüfen können, welche Verbindungen Ihre Apps ins Internet aufbauen, ist Adaway.
Diese Apps wurden untersucht
Die Verbraucherschützer*innen haben hierbei bewusst Apps in den Blick genommen, bei deren Nutzung sensible Daten abgefragt werden oder deren Nutzung allein schon als sensible Information gelten kann. Neben den Dating-Apps Tinder, Grindr und OkCupid untersuchten sie auch die Menstruations-Apps MyDays und Clue sowie die Make-Up-App Perfect365.
Hier ein Auszug der Ergebnisse zu einzelnen Apps:
Tinder: Sendet unter anderem ein Paket aus GPS-Daten, dem gesuchten Geschlecht und der den*die Nutzer*in eindeutig identifizierenden Werbe-ID an die Werbefirma Appsflyer. Diese kann so ein recht detailliertes Profil über Ihre Person erstellen.
Auch Facebook erhält die Werbe-ID und kann das Wissen um die Nutzung einer Dating-App so beispielsweise mit Ihrem Facebook-Profil verknüpfen, um Ihnen dort entsprechende Werbung auszuspielen.
Grindr: Sendet unter anderem ein Paket aus GPS-Daten, dem Beziehungstyp, der IP-Adresse und der den*die Nutzer*in eindeutig identifizierenden Werbe-ID an die Werbefirmen AppNexus und BuckSense, die so ein detailliertes Profil über Ihre Person erstellen können. Die Werbe-ID wird auch an viele weitere Drittanbieter versendet.
OkCupid: Sendet unter anderem ein Paket aus GPS-Daten und Angaben zu sexueller Orientierung, persönlichen Vorlieben und Drogenkonsum an das Online-Marketing-Unternehmen Braze. Die Werbe-ID wird unter anderem mit Facebook und Appsflyer geteilt.
MyDays: Sendet unter anderem ein Paket aus GPS-Daten, einer Liste installierter Apps und der den*die Nutzer*in eindeutig identifizierenden Werbe-ID an das Analyseunternehmen Placed. Auch viele weitere Unternehmen erhalten die Werbe-ID.
Clue: Sendet unter anderem ein Datenpaket aus Geburtsjahr und Werbe-ID an das Analyseunternehmen Amplitude. Auch weitere Unternehmen erhalten entweder das Geburtsjahr oder die Werbe-ID, unter anderem Facebook.
Perfect365: Sendet ein Paket aus GPS-Daten und Werbe-ID an die Analyseunternehmen Fysical und Safegraph sowie die Werbefirma Vungle. GPS-Daten und Werbe-ID werden auch an viele weitere Unternehmen weitergegeben, in einem Fall sogar unverschlüsselt.
Ergebnisse zu den weiteren untersuchten Apps "Happn", "Muslim: Gebetszeiten, Qibla, Quran, Dhikr-Zähler", "My Talking Tom 2" sowie "Wave Keyboard" sind leider nicht mehr verfügbar (Stand: 10.2023).
Das können Sie tun
Bis beim Schutz von Nutzer*innendaten nachgebessert wurde, empfehlen wir, auf die Nutzung dieser Apps möglichst zu verzichten. Wie die Studie aber richtig feststellt, handelt es sich beim Handel mit sensiblen Nutzer*innendaten um ein weit verbreitetes Geschäftsmodell, das nicht nur die untersuchten Apps betrifft.
Wer sichergehen möchte, dass seine Apps frei von Tracking und Werbung sind, kann den alternativen App-Store F-Droid für Android nutzen. Alle dort verfügbaren Apps respektieren die Privatsphäre ihrer Nutzer*innen.
NGOs planen Klage
Um der kommerziellen Überwachung durch Akteure des Online-Marketing einen Riegel vorzuschieben, haben sich laut der österreichischen IT-Nachrichtenseite futurezone.at der norwegische Verbraucherrat und international 20 weitere Organisationen zusammengeschlossen.
Mit Beschwerden bei den jeweils zuständigen Datenschutzbehörden möchten sie die Politik dazu bewegen, mehr für die Einhaltung der bereits seit Mai 2018 gültigen DSGVO zu tun.